Ein Hauch von Paradies, ein Hauch von Pink

Nachricht 13. September 2025

Anna Walpuski kniet auf dem Boden, pustet Seifenblasen in das Kirchenschiff der Klosterkirche Amelungsborn. Kinder springen den schwebenden Blasen hinterher, kreischen, lassen sie mit ihren Händchen zerplatzen.

Auf dem Steinboden hat die Pastorin mit einer dicken grünen Schnur eine große Spirale gelegt. Viele Besucher*innen folgen den Bögen, bleiben immer wieder stehen: Verse des Psalms 104 liegen da; daneben Muscheln, Holz, Eier, Wunderkerzen – und eben Seifenblasen. Frühlingshaftes Vogelgezwitscher breitet sich wie ein feiner Klangteppich zwischen die romanischen Mauern aus.

Für einen Moment wirkt die Klosterkirche wie ein Ort zwischen Himmel und Erde.

„Let’s do paradising“ heißt der Nachmittag im Kloster. Ein Kunstwort, halb Traum, halb Einladung – und ein bisschen Hoffnung. Superintendentin Christiane Nadjé-Wirth steht im Garten, umringt von vielen Dutzend Besucher*innen an diesem Samstag. „Paradising – Sie fragen sich vielleicht: Was soll das sein?“ Zuerst habe Gott einen Garten – das Paradies – geschaffen. „Einen Garten, der umhegt war von einer Hecke, einer Mauer. Wo es wunderschön war.“ Doch der Auftrag, den die Menschen dort erhielten, sei keiner von gestern. „Bebauen und bewahren“ – diese Aufgabe bleibe, auch wenn das Paradies längst jenseits unserer Reichweite liege. „Aber manchmal können wir auch hier noch eine Ahnung davon haben.“

Vor 800 Jahren habe Franz von Assisi das in poetische Worte gefasst. Nadjé-Wirth zitiert aus dem „Sonnengesang“, dem Hymnus auf Bruder Sonne und Schwester Mond. In diesem Jubiläumsjahr sei der Text in Hildesheim neu vertont worden – als Zeichen, dass alte Worte auch in heutige Musik überspringen können.

Hier draußen wird dies tastbar. Vor der Kirche formt der NABU mit Kindern Saatkugeln. Pfadfinder*innen backen Stockbrot, Landfrauen bieten ein Buffet mit selbstgemachten Köstlichkeiten. Im Klosterkräutergarten lernen Besucher, wie Kräuter riechen, wie Salbei oder Rosmarin als Heilmittel wirken. Auf der Streuobstwiese läuft eine Herde wolliger Schafe. Und am Basteltisch entstehen Kränze aus Zweigen und Blumen.

Jede Station öffnet so eine kleine Tür ins Paradies.

„Paradising“ ist ein Versuch, das Paradies nicht als verlorenen Sehnsuchtsort zu beklagen, sondern seine Funken in der Gegenwart zu suchen. Im Stockbrotfeuer, im Gesang, in einem Kranz aus Wiesenblumen.

„Wir haben heute viel in der Hand: Blumenkränze, Pflanzen, Liederzettel … Saatgut, Matsche, kleine Schnittchen – und eine Wunderkerze vielleicht“, sagt Anna Walpuski. Ihre Worte greifen nach dem Konkreten, nach Dingen, die nach Leben riechen. „Und wir haben vielleicht etwas, was wir mit nach Hause tragen: dass wir die Zukunft nicht nur schwarz, sondern auch pink sehen.“

Dann lädt sie ein, die Augen zu schließen, die Hände wie eine Schale zu formen. „Gott, hier bin ich. Ich atme, ich lebe, ich danke dir dafür.“ Und sie spricht einen Segen, der Bilder malt: „Der Mond über uns, die Erde unter uns, Menschen bei uns, dein Abbild tief in uns und die Ruhe vor uns.“ –

Natürlich bleibt auch nach diesem Nachmittag die Welt, wie sie ist: bedroht von Klimakrise, Artensterben, Kriegen.

Aber im Kloster Amelungsborn ist für ein paar Stunden spürbar, dass sich selbst zwischen alten Mauern ein Zukunftsfunken entzünden kann – hell, lebendig und pink.